Argumente
Worum geht es?
Weltweit entgehen Ländern jährlich über 300 Milliarden US-Dollar an Steuergeldern, weil internationale Grosskonzerne Steueroasen wie Hong-Kong, Singapur oder die Schweiz nutzen, um weniger Steuern zahlen zu müssen. Einigen EU-Ländern wie Deutschland platzte der Kragen, als amerikanische Digitalkonzerne ihr Europageschäft fast steuerfrei aus Irland zu betreiben begannen.
Um dem Steuerwettbewerb entgegenzuwirken, einigten sich verschiedene Länder auf Druck der G20, eine Idee der OECD für eine internationale Mindeststeuer für Konzerne umzusetzen: Unternehmen mit mehr als 750 Millionen USD Umsatz pro Jahr sollen überall mindestens 15% Steuern auf ihre Reingewinne zahlen. Der “Race to the Bottom” bei den Unternehmenssteuern sollte so gedämpft werden. Ohne Begeisterung musste sich auch die Schweiz diesem Projekt anschliessen, das ihrer langjährige Geschäftsidee Steueroase teilweise erschwerte. Die Verfassungsgrundlagen für die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer in der Schweiz wurde 2023 von der Schweizer Stimmbevölkerung angenommen, in Basel-Stadt stimmten damals 81% dafür. Die Mindeststeuer betrifft in Basel-Stadt Grosskonzerne wie Syngenta, Roche, Bayer, Novartis, Lonza, Moderna, Basler Versicherungen und Helvetia und bringt dem Kanton zwischen 300 und 500 Millionen CHF zusätzliche Steuereinnahmen ein.
Statt 13% Gewinnsteuer müssen die Grosskonzerne jetzt 15% Gewinnsteuern bezahlen. Die Basler Regierung fürchtet, dass damit ein Standortvorteil Basels verloren geht und die Konzerne ihren Steuersitz eher aus Basel abziehen könnten. Als gäbe es noch kaum Förderung für die Pharmakonzerne: Was ist mit dem Biozentrum oder dem ETH-Neubau für diese spezifischen Forschungsanliegen? Sie will deshalb die höhere Steuerbelastung durch Fördermassnahmen für die Wirtschaft kompensieren. Unternehmen, die in Basel Gewinnsteuern zahlen, sollen von einem neu konstituierten Fonds Beiträge für Forschungs- und Innovationsprojekte beantragen können. Aus dem Standortförderungs-Fonds liessen sich auch etliche Ausgaben von Roche, Novartis und co., bis hin zu Löhnen von Forschungs-Managern subventionieren.
So kam es zur "Revision des Standortförderungsgesetzes", die am 05. Februar 2025 vom Grossen Rat genehmigt wurde und gegen die wir uns jetzt wehren. Die Verhandlungen in der vorbereitenden Kommission des Grossen Rates waren langwierig. Um die Sozialdemokraten und Grünen für die Vorlage zu gewinnen, mussten die federführende Handelskammer und die bürgerlichen Parteien einige Konzessionen machen und rund 20% der zusätzlichen Einnahmen den Bereichen "Gesellschaft und Umwelt" opfern. Somit würden Unternehmen in Basel-Stadt mit diesen 20% Subventionen beantragen können, um beispielsweise Elternzeit für ihre Mitarbeitende oder Bemühungen zur Dekarbonisierung finanzieren zu können. Diese 20% wurden von der Mehrheit der SP als Errungenschaft betrachtet. Angesichts der 80% Subventionsleistungen, die hauptsächlich für Grosskonzerne gedacht sind, und der Tatsache, dass viele Angestellte (z.B. des Unispitals) von den Vorteilen des 20%-Fonds ausgeschlossen sind, sind sie für uns nur ein Zückerchen.
80% oder bis zu 400 Millionen der zusätzlichen Steuereinnahmen werden der Subventionierung der Innovation von Pharma-Grosskonzernen und anderen Gewinnsteuer-pflichtigen Unternehmen gewidmet. Mit dem Standortförderungsgesetz geht Steuergeld an die Konzerne, die am meisten Umsatz im Kanton haben. Wir verlieren die Chance, demokratisch über 300 bis 500 Millionen CHF zu disponieren und die dringlichsten Vorhaben des Kantons in Angriff zu nehmen. Wir heizen den schädlichen internationalen und interkantonalen Steuerwettbewerb an, indem wir einen Förderwettbewerb mit anderen Pharma-Standorten vom Zaun brechen. Deswegen wehren wir uns und sagen NEIN zur Teilrevision des Standortförderungsgesetzes!
500 Millionen CHF Steuergeld an Grosskonzerne verteilen? Nein!
Mit dem neuen "Standortförderungsfonds" sollen bis zu 500 Millionen CHF Steuergeld aus der OECD-Mindeststeuer, an die Unternehmen und Grosskonzerne zurückfliessen. Das Geld könnten wir gebrauchen, um unseren Service Public auszubauen! Fachkräftemangel droht in vielen Branchen, die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind prekär und unsere Verkehrsinfrastruktur muss dringend gestärkt werden. Zudem fordern unsere verpflichtenden kantonalen Klimaziele Investitionen sowohl im Kanton wie auch gegen die Emissionen des Importkonsums, die wir jetzt budgetieren müssen. Aber anstatt Steuergeld in unsere Schulen, in Prämienverbilligungen oder in die Stiftung für preisgünstigen Wohnraum zu investieren, sollen bis zu 500 Millionen CHF zu einem grossen Teil an Grosskonzerne gehen. Steuergeld soll an unseren Service Public gehen!
Pressestimmen
- Basel streitet über Steuermillionen – wo soll das Geld hin? (SRF, 25. April 2025)
- Standortpaket: Ein Schlag ins Gesicht (Bajour, 25. April 2025)
- Verschlusssache: Der fragwürdige Umgang der Basler Regierung mit dem Öffentlichkeitsprinzip (BZ, 19. April 2025)
- 500-Millionen-Paket für Basler Firmen: «Nach dem Drehbuch von Trump und Musk (BZ, 7. April 2025)
- Der OECD-Mindeststeuer soll mit Fördergeldern entgegengewirkt werden (Basilisk, 7. April 2025)
- Gegner toben: «Aus dem Playbook von Musk und Trump abgeschrieben» (BaZ, 7. April 2025)
- Basel-Stadt verzeichnet einen Überschuss von 106 Millionen Franken (BaZ, 27. März 2025)
- 3000 Unterschriften gegen Basler Standortpaket (BaZ, 21. März 2025)
- Vermögenssteuer: Der Mythos der Steuerflucht - Telepolis (BaZ, 10. Januar 2025)
Managerlöhne durch Steuern zahlen? Nein!
Mit dem "Standortförderungsfonds" sollen Grosskonzerne und andere Unternehmen, die Forschung betreiben künftig unter anderem auch Personalaufwendungen bezahlt kriegen. Laut einer WOZ-Reportage könnte dies sogar bedeuten, dass die Löhne der Manager:innen mit Steuergeld bezahlt werden würden. Wieso sollen Konzerne wie Novartis, die im März 2025 die Dividenden auf ihre Aktien um 6% erhöhte, die Löhne ihrer Mitarbeitenden nicht selbst zahlen können? Wieso sollen Konzerne wie Roche, dessen Chef Thomas Schinecker im Jahr 2024 eine Lohnerhöhung von über 3 Millionen CHF erhielt, die Löhne ihrer Mitarbeitenden nicht selbst zahlen können? Steuergeld kann nicht dafür eingesetzt werden, die Löhne in den reichsten Konzernen des Kantons zu tragen!
Schädlichen Steuerwettbewerb anheizen? Nein!
Die OECD-Mindeststeuer wurde eingeführt, um den schädlichen internationalen Steuerwettbewerb einzudämmen. Jedes Jahr entgehen den Ländern der Welt über 340 Milliarden US-Dollar an unrealisierten Steuern (Tax Justice Network, 2024), da sich multinationale Grosskonzerne in Steueroaseneinnisten, um ihrer Steuerpflicht auszuweichen. Eine der beliebtesten Steueroasen ist die Schweiz; bei uns landen jährlich über 100 Milliarden US-Dollar an Gewinnen der Grosskonzerne, die sich in Kantonen mit niedrigen Steuern wie Basel-Stadt oder Zug niedersetzen. Viele Länder leiden durch diesen schädlichen Steuerwettbewerb. Die OECD-Mindeststeuer sollte diesem Wettbewerb entgegenwirken. Länder des globalen Südens, die am Umsatz unserer Konzerne beteiligt sind, sollen nicht um ihren Anteil am Gewinn geprellt werden. So sollte mit einer Subventionierung zumindest Konzernverantwortung gefordert werden, damit soziale und klimatische Schulden dieser Industrien gerade im Ausland mit diesen Geldern in Angriff genommen werden. Dieser Standortwettbewerb ist zutiefst ungerecht!
Abstimmungsergebnis umgehen? Nein!
Am 18. Juni 2023 wurde die Umsetzung des OECD-Projekts zur Besteuerung von Grossunternehmen mit einem Ja-Anteil von über 81% in Basel-Stadt angenommen. Der Wille der Bevölkerung in Basel-Stadt ist klar: Gerechte Besteuerung anstatt Steuerdumping, die Mindeststeuer ist erwünscht! Dieses neue Gesetz missachtet klar den Willen der Bevölkerung!
Demokratie-Defizit? Nein!
Dem Basler Parlament wird durch das Standortförderungsgesetz die Entscheidungsmacht über 10% der Steuereinnahmen entzogen. Die Regierung kann allein entscheiden, muss weder Zahlen offenlegen, noch wird die Bevölkerung miteinbezogen. Demokratische Kontrolle und Transparenz gehen verloren. Zudem schliesst die Regierung eine höchst riskante Wette ab: Es wurde ein fixer jährlicher Mindestbetrag von 150 Millionen CHF für die beiden Fonds beschlossen, basierend auf geschätzten Mehreinnahmen durch die OECD-Mindeststeuer. Wenn die Mehreinnahmen die Erwartungen aber untertreffen würden, müssten die 150 Millionen CHF trotzdem in die Fonds eingezahlt werden.
Uns der Erpressung ergeben? Nein!
Es ist immer wieder die gleiche unverschämte Angstmacherei: Konzerne könnten einen anderen Standort wählen, um wieder von (noch) tieferen Steuern zu profitieren. Aber Basel-Stadt ist für die Konzerne attraktiv nicht wegen den tiefen Steuern, sondern weil es eine lebenswerte Stadt mit einer guten Infrastruktur und mit gut ausgebildeten Menschen ist. Laut einem britischen Forschungsinstitut ist keine andere vergleichbar grosse europäische Stadt für ausländische Direktinvestitionen attraktiver als Basel (FDI, 2025). Standortförderung war dabei stets in der Agenda sowohl von Basel-Stadt wie auch vom Bund. Erst vor vier Jahren hatte Basel-Stadt für den Bau des neuen Biozentrums der Universität tief in die Steuerkasse gegriffen, um noch mehr Grundlagenforschung zur Verfügung der Industrie zu ermöglichen. Dasselbe ist Ziel des ETH-Neubaus. Schliesslich glauben wir nicht, dass bei 140 Milliarden CHF Umsatz (Summe Syngenta, Roche und Novartis), eine Förderung von 500 Millionen ausschlaggebend ist. Wenn Firmen drohen, dass sie wegziehen würden, ist das Erpressung. Das machen wir nicht mit – die Bevölkerung soll darüber entscheiden, was mit unseren Steuergeldern passiert.
Mit dem Standortförderungsfonds wird der Steuerwettbewerb angekurbelt und es fliessen Millionen an Steuergelder zurück an die reichsten Grosskonzerne des Kantons. Wir stellen uns gegen diese unsoziale Umverteilung nach oben. Wir wollen ein solidarisches Basel, nicht eines, das auf Kosten der Ärmsten wirtschaftet. Wir wollen Steuergelder in unseren Service Public investieren, nicht in Managerlöhne.
Wir wollen ein Basel für Alle, nicht nur für Grossaktionäre.
Deswegen stimmen wir NEIN zur Teilrevision des Standortförderungsgesetzes am 18. Mai 2025.